"Freundschaft schmieden - Vorurteile vergessen"
02|Sep
Im Feuer des Schmieds und Künstlers Joachim Harbut entstand nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch Freundschaften zwischen Jugendlichen aus Biebrich und aus einer Flüchtlingsunterkunft.
Beim gemeinsamen Tun wurden Vorurteile entkräftet und Kontakte geknüpft. Das sechswöchige Projekt fand im Herbst 2015 in der Gemeinschaftsunterkunft Otto-Wallach-Straße statt.
Hier leben rund 266 Flüchtlinge, hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Albanien und dem Kosovo.
Einige von ihnen haben nun zusammen mit Kindern und Jugendlichen aus dem benachbarten Treff "Der Laden" im Parkfeld an dem Schmiedeprojekt teilgenommen.
Möglich gemacht wurde es durch das Programm "Demokratie leben in Wiesbaden". Wie Kunst aus Feuer entsteht und wie man sich bei gemeinsamer Arbeit besser kennen lernen kann, das waren die beiden Schwerpunkte.
Joachim Harbut zeigte den Teilnehmern freundlich und kompetent, wie man mit Schweißgerät, Hammer und Amboss arbeitet und wie aus ausgedienten Alltagsgegenständen und Schrott ein richtiges Kunstwerk entstehen kann.
Doch es ging natürlich nicht nur darum. Die Kinder und Jugendlichen aus dem Parkfeld konnten sich zum ersten Mal ein konkretes, realistisches Bild von den Lebensumständen in einer Flüchtlingsunterkunft machen.
Dass "Flüchtlinge dort in Saus und Braus leben", dass sie "vom Staat alles kriegen, viel Geld und geschenkte Handys" - diese und andere Vorurteile wurden ganz schnell über Bord geworfen.
Bei Besuchen in den privaten Containern der Flüchtlingsfamilien konnten die Wiesbadener erleben, dass man hier keineswegs im Luxus, sondern auf engstem Raum zusammenlebt, sich sogar in manchen Fällen Zimmer mit fremden Personen teilen und auch Badezimmer und Küchen mit anderen zusammen benutzen muss.
Dass die Menschen nach einer aufreibenden Flucht aus ihrer krisenbeladenen Heimat versuchen, sich hier zumindest vorübergehend eine neue Heimat aufzubauen und zu gestalten, konnten die Wiesbadener Kinder anschließend sehr viel besser nachvollziehen.
Diese Erfahrungen konnten sie dann auch mit ihren eigenen Eltern und Klassenkameraden teilen, denn auch diese sind nicht frei von den entsprechenden Vorurteilen, die hier tatsächlich konkret zur Sprache kamen.
Durch die direkten Kontakte, durch das Kennenlernen vieler Lebensgeschichten und Schilderungen dramatischer Fluchterfahrungen änderte sich so manches Bild in den Köpfen. Aus Fremden wurden manchmal sogar Freunde! Nicht das, was Menschen trennt, sondern was sie verbindet, stand im Zentrum des außergewöhnlichen Schmiedeprojektes.
Die positiven Erfahrungen wirken weiter und können damit Einstellungen nachhaltig verändern: Tatsächlich wurde hier nicht nur ein Kunstwerk aus Metall, sondern neue Freundschaften geschmiedet.